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Bionische Strukturen in der Automatisierung: Wohin führt die Reise?

Geschrieben von LEWA Attendorn GmbH | 30.11.2021

Bionik – also die technische ‚Nachahmung‘ von Materialeigenschaften, Designs und Funktionsweisen aus der Natur – ist als wissenschaftliche Disziplin noch verhältnismäßig neu. Trotzdem gibt es dank der Verbindung aus Biologie und Technik schon heute wichtige Fortschritte im Bereich der Automatisierung zu verzeichnen – und genau das macht dieses Zukunftsthema so spannend.

Egal wie viel Mühe man sich gibt und wie viel Zeit man sich nimmt: Bei der Verrichtung von Arbeit, in Mobilitäts- und Transportfragen, aber auch in Sachen Sicherheit und Schutz scheint die Natur der Technik immer einen Schritt voraus zu sein. Die Natur löst diese Probleme effizienter, effektiver – und irgendwie müheloser.

Der wilde und flinke Flug der Schwalbe, die überaus nützlichen und vielseitigen Tentakel eines Oktopus, die Wendigkeit und Geschwindigkeit einer Robbe im Wasser, die schützenden Eigenschaften vieler Pflanzen – die meisten Lebewesen beherrschen ihr Metier so gut, dass wir Menschen uns davon noch eine Scheibe abschneiden könnten. Und das tun wir auch: Natürlich sind wir bei der LEWA Attendorn nämlich nicht die ersten, die das Können von Mutter Natur bemerken – und genau deshalb gibt es das Gebiet der Bionik, der Verbindung von Biologie und Technik.

Was tut die Bionik schon heute?

Schon heute (und bereits seit geraumer Zeit) kann die Bionik jede Menge. Viele alltägliche Produkte nehmen sich die Natur zum Vorbild:

  • Besonders bekannt: Der wasserabweise Lotus-Effekt mancher Oberflächen wurde – natürlich – im Namen und der Funktionsweise von der Lotuspflanze inspiriert.
  • Viele besonders stabile Hightech-Stoffe nehmen sich die besonders reißfeste Seide von Raupen und Spinnen zum Vorbild.
  • Der Klettverschluss hat seine Funktionsweise von der Klette.
  • Nanostrukturen für klebstofffreie Adhäsion funktionieren ähnlich wie die Füße von Geckos.
  • Manche Solarpaneele, die in der Wüste aufgestellt werden, entfernen sich ablagernden Sand selbstständig über spezielle Rillen, genau wie viele Wüstenbewohner, die sich im Sand eingraben. So zum Beispiel der Apothekerskink, auch Sandfisch genannt.

In einer Studie erarbeitete der Automobilhersteller Mercedes-Benz ein bionisches Fahrzeug (2005) mit einem auch für heutige Maßstäbe sensationellen CwWert von 0,19 (Vgl. Golf VII: Cw 0,27).

  • Designinspiration vom Kofferfisch sorgte für die besonders aerodynamische Gestalt des Autos.
  • Leichtbauoptimierung mit dem SKO-Verfahren nach dem Vorbild des Knochens.
  • Dank des CAO-Verfahrens wurden die Spannungsspitzen des Designvorschlags aus dem SKO-Verfahren entfernt.
  • Durch die Kombination beider Verfahren entstand ein stabiler, aber dennoch leichter Rahmen.

Ryan Somma, CC BY-SA 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0>, via Wikimedia Commons

Was kann Bionik im Bereich der Automatisierung leisten?

Generell geht es in der Bionik nicht nur um die Lösung neuer Probleme, sondern auch – und vielleicht vor allem – um die Optimierung bereits bestehender Lösungen. Auch im Bereich der Automatisierung kann die Bionik in den kommenden Jahren vieles optimieren, allen voran Geschwindigkeiten, Energieeffizienz, Flexibilität und Sicherheit bestehender Systeme.

Höhere Geschwindigkeiten dank perfektionierter Einsatzgewichte

Einige unserer Lösungen bei LEWA Attendorn sind bereits nah dran am theoretisch möglichen Optimalgewicht. So sind unsere eigens entwickelten Zangenkörper und Zangenarme mit der Finite-Element-Methode berechnet und optimiert worden, sodass sie ein sehr niedriges Eigengewicht aufweisen und somit hohe Geschwindigkeiten zulassen.

Auch die FEM-Methode hat jedoch ihre Grenzen – und genau diese Grenzen kann die Bionik möglicherweise durchbrechen. So standen Kieselalgen, Hauptbestandteil des Phytoplanktons in unseren Weltmeeren, Pate für die Fundamente und Tragstrukturen von Offshore-Windkraftanlagen vor der deutschen Küste. Ein Maximum an Stabilität und Geschwindigkeit bei minimalem Materialeinsatz ist auch bei Werkzeugen automatisierter Maschinen und Anlagen ein extrem wichtiger Faktor.

Flexible Fertigung bei geringeren Stückzahlen und mehr Varianten

Gerade in der Automobilindustrie vollzieht sich aktuell ein tiefgreifender Wandel, der sich auf ganz unterschiedliche Arten zeigt. Dabei ist nicht nur vom Umstieg von Verbrennerfahrzeugen auf Elektroautos die Rede. Wir sehen auch einen Wandel im Aufbau des Produktportfolios: Der Trend geht weg vom Angebot vieler unterschiedlicher Modelle, hin zu weniger Modellen – die dafür aber mehr unterschiedliche Ausstattungsvarianten haben.

Bereits 2017 prognostizierte Ralf Bechmann von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, dass sich die gesamte Produktionsweise der Autoindustrie mit dem Siegeszug der Automatisierung ändern würde: „Wir werden in den nächsten Jahren in der Autoindustrie eine Abkehr von der Linienmontage sehen, hin zu einer modularen Montage", sagte Bechmann damals gegenüber der Wirtschaftswoche. „Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass jeder Standort eines Automobilkonzerns künftig jedes Fahrzeug herstellen kann, nicht mehr nur einzelne Baureihen und abgeleitete Varianten."

Flexible Fertigung ist also eines der wichtigsten Themen im Automobilbau der Zukunft. Das heißt auch: Umrüstzeiten für Maschinen und Anlagen werden zu einer noch größeren Produktivitätsbremse werden als sie es heute bereits sind. Hier setzen Entdeckungen aus dem Bereich der Bionik an: So nehmen beispielsweise zwei Greifer des deutschen Automatisierungsunternehmens Festo auf Vorbilder aus der Natur.

Der FlexShapeGripper ist ein Greifer, der der Funktionsweise der Zunge eines Chamäleons nachempfunden ist. Ein Handlingsystem führt dazu den bionischen Greifer über ein Objekt, der Greifer entlüftet seine mit Druckluft gefüllte obere Druckkammer, woraufhin sich die zweite, dauerhaft mit Wasser gefüllte Kammer nach innen zieht. Der Handlingroboter führt dabei den Greifer mit seiner flexiblen Außenform immer weiter über das Objekt, bis ein Formschluss mit Unterdruck entsteht – wodurch der Greifer dazu in der Lage ist, sehr unterschiedliche Bauteilgeometrien sicher aufzunehmen und zu bewegen.

Der TentacleGripper des gleichen Unternehmens nimmt sich hingegen ein Meereslebewesen zum Vorbild: Der bionische Greifer sieht aus und funktioniert wie die Tentakel eines Oktopus. Der Greifer ist hinsichtlich der Bauteilgeometrien wohl nicht ganz so vielseitig wie der Chamäleon-Gripper, arbeitet aber mit einer Kombination aus Kraftschluss und Unterdruck, die dem Greifer nicht nur seine Flexibilität, sondern auch verbesserte Sicherheit an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine verleiht. Stichwort: Cobots.

Cobots: Mehr Sicherheit im Umgang mit kollaborativen Robotern

Der Begriff Cobots bezeichnet kollaborative Industrieroboter, die im Produktionsprozess gemeinsam mit Menschen ihre Arbeit verrichten, ohne dass der Mensch durch eine Schutzeinrichtung vom Roboter getrennt sein muss.

Um bei der Zusammenarbeit mit einem Roboter jederzeit die notwendige Sicherheit für den Menschen gewährleisten zu können, gibt es Ansätze wie den oben beschriebenen Tentakelgreifer. Das ist jedoch nicht der einzige sicherheitsrelevante, bionische Ansatz. Gleich mehrere Unternehmen arbeiten an Industrierobotern, deren Funktionsweise an die Muskulatur von Säugetieren oder gar an den menschlichen Arm angelehnt sind: Wie bei der menschlichen Muskulatur gibt es auch bei den bionischen Industrierobotern Strecker und Beuger, Agonisten und Antagonisten für die einzelnen Gelenke. Die Antriebspaare basieren auf mit Druckluft gefüllten Kammern. Diese ermöglichen dem Roboter nicht nur besonders präzise Bewegungen, sondern auch einstellbare Kraftpotenziale und Versteifungsgrade. Die individuellen Versteifungsgrade machen es möglich, dass der Roboter bei einer Kollision mit einem Mitarbeiter automatisch nachgibt und so die Verletzungsgefahr auf ein Minimum reduziert. Mitarbeiter können sich also problemlos in einer Zelle mit dem arbeitenden Roboter aufhalten – so wird die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter nicht nur effizient, sondern auch sicherer.


Fazit

Auch in Zukunft bleibt es spannend! Die Erkenntnisse und Erfindungen aus der Bionik gestalten schon seit geraumer Zeit unser Alltagsleben mit – und auch im Bereich der automatisierten Fertigung kann man ihre Einflüsse schon heute sehen. Weil die Bionik als wissenschaftliche Disziplin noch recht jung ist, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Innovationen in diesem Bereich in den kommenden Jahren noch steigen wird – mit deutlich wahrnehmbaren Effekten für Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Sicherheit.

Die LEWA Attendorn hilft dabei, diese Innovationen auf den Weg zu bringen: Mit kontinuierlicher Innovationsarbeit an unseren Automationslösungen sorgen wir dafür, dass bionische Strukturen auch in der automatisierten Serienfertigung eingesetzt werden können. Industrie und Produktion sind schließlich konstant in Bewegung – und LEWA Attendorn hält Schritt.

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